Meldung vom 08.07.2021

Servus Reportage: Die Angst vorm Wolf geht um in Österreich

Do., 29.07., ab 21:10 Uhr
Die Debatte um die Rückkehr des Wolfes und ihre Folgen spitzt sich zu: Die Anzahl der Wölfe in Österreich steigt und damit auch die Zahl der gerissenen Nutztiere. Kann Herdenschutz die Weidewirtschaft retten?

Die Servus Reportage begleitet die Situation sowie die Entwicklungen zur Rückkehr des Wolfes über den Zeitraum von fast zwei Jahren, zwischen 2019 und 2021. Sie spricht mit Experten und betroffenen Bauern, sieht sich die Tätigkeit eines Wolfs-Beauftragten nach einem Nutztier-Riss genauer an und beleuchtet auch zwei weitere Beutegreifer, die aktuell durch Österreich streifen: den als „kleinen Bruder“ des Wolfs bekannten Goldschakal sowie den Bären.

Goldschakale in ganz Österreich gesichtet
Im ersten Halbjahr 2021 haben Bären die südliche Steiermark, Kärnten und Tirol durchstreift. Sie sind bereits 15-mal in Fotofallen getappt, haben Fußabdrücke oder andere Hinweise hinterlassen oder wurden durch DNA bestätigt - wie bei mehreren gerissenen Schafen aus den Tiroler Gebieten Umhausen, Serfaus und Sautens. Der Geschäftsführer des Österreichzentrums Bär, Wolf, Luchs gibt Einblick in das Verhalten dieses großen Beutegreifers. Der Goldschakal wurde bereits in ganz Österreich – außer in Vorarlberg und Wien – gesichtet. Seine DNA wurde auf zwei gerissenen Lämmern im Osttiroler Assling, einem jungen Schaf in Sölden sowie mehreren Lämmern im Salzburger Lungau festgestellt. Die Reportage begleitet die Wildtierölologin des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der BOKU Wien, Jennifer Hatlauf, auf der Suche nach dem Goldschakal.

Die Angst der Almbauern ist groß 
48 sichere Nachweise von Wölfen wurden 2021 in sieben Bundesländern gemeldet. Im Vorjahr haben sich etwa 40 Wölfe und Welpen in Österreich aufgehalten und 330 Nutztiere gerissen. Es ist zu erwarten, dass die Zahlen in Zukunft steigen werden, denn im Jahr 2021 häufen sich bereits zu Beginn der Weidesaison die Vorfälle: Seit Beginn der Almsaison verzeichnet das erste Halbjahr 2021 bereits mehr als 150 tote Schafe. Allein im Pinzgau wurden 69 durch Wölfe gerissene Schafe bestätigt und das Land Tirol schätzt, dass bereits deutlich mehr als 100 Schafe unter Beteiligung von Wölfen und Bären zu Tode gekommen sein dürften. Die Angst der Almbauern ist groß. Sie suchen nach Möglichkeiten, ihre Nutztiere zu schützen. Schließlich ist Österreich von wolfsreichen Ländern umschlossen und ein Wolf kann innerhalb von 24 Stunden etwa hundert Kilometer zurücklegen. In Deutschland leben zum Beispiel zwischen 400 und 500 Wölfe, in Italien sogar zwischen 1.000 und 2.000. Laut einer Studie des Wildbiologen Dr. Klaus Hackländer könnten in 15 Jahren bis zu 500 der Raubtiere bei uns leben. Die Population wächst jährlich um 30% - auch wenn sie im Monitoring nicht gleich aufscheint. Deshalb brauche es jetzt die Umsetzung eines Managementplans, allem voran Herdenschutz, wie zum Beispiel Schutzzäune sowie die Ausbildung von Herdenschutzhunden und Hirten. „Der Wolf ist nicht gefährdet und die Populationen in Europa wachsen, somit ist der strenge Schutz einfach nicht mehr argumentierbar. Das ist die eine Sache. Und die zweite Sache ist, dass man einfach akzeptiert, dass der Wolf tatsächlich in Österreich Realität ist. Ob man will, oder nicht.“, so Dr. Hackländer, Leiter des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der BOKU Wien.

„Alle sind besorgt um den Wolf (...), aber keiner redet von den sieben Geißlein. Er darf sich alles holen und darf frei herumrennen – hat natürlich auch seine Berechtigung, der Wolf. Aber wie es bei uns ist: Wir müssen leben von unseren Ziegen und da kann sich der Wolf nicht alles holen, was er nur glaubt“, hält Ewald Gersthofer, ein Landwirt aus Niederösterreich fest. Seine Frau Barbara hat den Wolf nur einen Kilometer vom Bauernhof entfernt gesichtet. Almbauern der Gemeinde Fließ in Tirol versuchten im Sommer 2020 nach dem Fund des ersten gerissenen Schafs auf ca. 2.300 Höhenmetern schnellstmöglich einen Schutzzaun zu errichten: „Das hat eine Woche gedauert und in dieser Woche hat er jede Nacht 1-2 Schafe gerissen. (...) Ich befürchte einfach, dass es viele dann lassen, dass viele aufhören,“ zeigt sich Mathilde Schönherr besorgt. Sie betreibt den landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb gemeinsam mit ihrer Familie. Die Reportage spricht auch mit einer Berufs-Hirtin, die den ganzen Sommer bei den Schafen im Hochgebirge verbringt: „Wenn ich weiterhin mit den Tieren in den Bergen sein will, dann muss ich mich damit auseinandersetzen. Weil wenn ich die Tiere nicht schützen kann, dann wird es irgendwann einmal vorbei sein als Hirte. Weil das kann man nicht anschauen, wenn man zerrissene Schafe findet.“

Außerdem lernen wir den Tiroler Schäfer Thomas Schranz kennen, der mit zwei türkischen Herdenschutzhunden und zwei Lamas versucht, seine Herde bestmöglich zu schützen. „Ein Allheilmittel ist das Lama nicht, auch nicht der Hund. Aber zumindest habe ich etwas versucht. Wir müssen einfach schauen, dass wir irgendwo Alternativen suchen.“ Nun gilt es, die Ausbildung von Herdenschutzhunden und Hirten voranzutreiben und gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, um ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben von Mensch und Wolf zu unterstützen.

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Kristina Keinprecht
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